BAHN FÜR ALLE! Von Patrick
Geschätzte Mitstreiter, liebe Kameraden,
wir – diejenigen, die malochen, pendeln, sich abrackern, und versuchen, Familie und Job irgendwie unter einen Hut zu kriegen – wir sind es doch, die diesen Laden hier am Laufen halten. Wir bilden das Fundament dieser Gesellschaft. Und gerade uns wird jeden Tag mehr aufgebürdet. Völlig bewusst. Mit System. Eiskalt durchdacht.
Ich rede heute über die Deutsche Bahn.
Aber im Grunde geht es um viel mehr. Die Deutsche Bahn ist ein Musterbeispiel für den Zustand unserer Gesellschaft. Ein Organismus, der vergiftet ist – und zwar vom Neoliberalismus. Von der Vorstellung, dass Profite wichtiger sind als Menschen, Marktdenken wichtiger als die Daseinsvorsorge und Rendite wichtiger als Gerechtigkeit.
Beginnen wir da, wo sich die Misere zuerst bemerkbar macht – bei den Mitarbeitern.
Während die Fahrkartenpreise ständig steigen, haben sie mit stagnierenden Gehältern, unsicheren Arbeitsverhältnissen, permanenten Überstunden und chronischem Personalmangel zu kämpfen.
Doch anstatt zu agieren, was machen die Führungskräfte? Die tun so, als hätten sie einen Plan zur Rettung – aber in Wahrheit stopfen sie sich nur selbst die Taschen voll. Sie scheffeln Millionen. Das ist Umverteilung – nur eben von unten nach oben.
Oben wird gefeiert, während unten die Knochen hingehalten werden.
Und als ob das nicht genug wäre, werden die Angestellten auch noch missbraucht.
Sie sollen Hilfspolizisten spielen, Leute kontrollieren, sie vor die Tür setzen – obwohl die Automaten nicht funktionieren, die Fahrpreise unverschämt sind und die Tarifzonen einem Labyrinth gleichen.
So wird aus einer Bahnfahrt ein Akt der Ausgrenzung. Und aus einer Arbeit im öffentlichen Dienst ein Job der Unterdrückung.
Die Bahn entmenschlicht – und zwar wieder von unten nach oben.
Barrierefreiheit?
Für Rollstuhlfahrer, Eltern mit Kinderwagen, Ältere, Kranke?
Ein unbekanntes Wort.
Ein Fahrstuhl ist keine Garantie, sondern Glückssache.
Und wer auf dem Land wohnt, soll doch bitte zu Hause bleiben.
Die Bahn ist nicht für alle da – nur für diejenigen, die sich behaupten können.
Als ob das alles noch nicht schlimm genug wäre, kommt jetzt der nächste Hammer:
Da gibt es eine Entscheidung, die kaum jemand mitbekommt, aber uns alle angeht:
Militärtransporte haben jetzt Vorfahrt auf den Gleisen, unglaublich, oder?
Das bedeutet im Klartext: Wenn Panzer, Waffen oder Munition unterwegs sind, müssen wir mit unseren Zügen warten, so ein Mist!
Wir verpassen dann unsere Verbindungen – weil die Bahn sich dem Krieg beugt und wir die Dummen sind, die darunter leiden.
Und wer darf dafür bluten?
Wir!
Mit unserer Zeit, mit dem ganzen Stress, mit Terminen, die flöten gehen, mit Zugausfällen.
Und am Ende dürfen wir sogar doppelt blechen – denn diese Militärtransporte werden ja auch noch von unseren Steuern bezahlt.
Was springt für uns dabei raus?
Rein gar nichts – außer Stillstand und der traurigen Erkenntnis,
dass in diesem ganzen Laden nicht das Leben zählt, sondern der Tod, unfassbar!
Dabei sollte die Bahn der Blutkreislauf unserer Gesellschaft sein.
Ein starkes, öffentliches Netz – ökologisch, sozial, gerecht.
Doch was haben wir stattdessen?
Keinen Kreislauf, sondern einen Herzinfarkt. Volle Züge, kaputte Klimaanlagen, dicke Luft.
Ein Spiegelbild der Lage in diesem Land: aufgeheizt, gereizt, und zum ersticken.
Es gibt aber auch andere Wege – wie man in der Schweiz sehen kann: Dort stellt ein klug gestalteter Fahrplan sicher, dass alle Zugverbindungen ideal zusammenpassen. Keine ewig langen Aufenthalte, um den nächsten Zug zu bekommen, sondern ein System, das den Reisenden in den Mittelpunkt stellt – das ist serviceorientiert und ließe sich auch hier umsetzen.
Das Bahnnetz wurde ab 1994 rigoros heruntergewirtschaftet. Etliche Bahnlinien wurden stillgelegt – insbesondere abseits der Ballungszentren.
Wir brauchen endlich den Wiederaufbau eines flächendeckenden Bahnnetzes, die erneute Inbetriebnahme dieser Strecken,
einen gut abgestimmten Fahrplan, der jede Gegend einschließt, und mehr Mitarbeiter vor Ort, statt aufgeblähter Führungsetagen in der Konzernzentrale.
Denn während Zehntausende Jobs abgebaut wurden, wächst die Zahl der Manager immer weiter an.
Und Megaprojekte wie Stuttgart 21 dienen längst nicht mehr der Fortbewegung, sondern der Bodenspekulation.
Zugreisen könnten eine der umweltfreundlichsten Arten sein, sich fortzubewegen – eigentlich.
Ein Zug, der voll mit Menschen ist, kann locker Hunderte von Autos ersetzen und benötigt pro Person viel weniger Energie.
Er verursacht weniger CO₂, was unsere Straßen, Städte und unser Klima deutlich entlastet.
Anstatt dies zu unterstützen, wird das jedoch behindert, reduziert und teurer gemacht.
Eine umweltfreundliche Verkehrslösung ist direkt greifbar – aber scheint sich aus rein wirtschaftlicher Sicht nicht zu lohnen.
Und das ist kein Versehen.
Das ist der Neoliberalismus – der langsame Tod unserer Gesellschaft. Er unterbricht Nervenbahnen, lähmt Strukturen, kaputtgespart und ausgeblutet. Die Bahn zeigt, wie diese Krankheit wirkt: Erst wird ausgelagert, dann gespart, dann verteuert.
Und Mobilität wird zum Privileg.
Was geschieht, wenn sich die Beschäftigten wehren – wie bei der GDL?
Dann wird Stimmung gemacht. Dann heißt es: „Die Lokführer legen das ganze Land lahm! “
Aber niemand sagt: Die Manager haben das doch schon längst getan – mit ihrer Sparpolitik, ihrem Profitdenken und ihrem Verrat an der Idee einer öffentlichen Daseinsvorsorge. Unsere volle Unterstützung gilt den streikenden Eisenbahnern – und natürlich allen anderen, die in dieser maroden Gesellschaft schamlos ausgebeutet und gegeneinander aufgehetzt werden. Denn was sie durchmachen, betrifft uns alle direkt.
Und nun richten wir den Blick nach ganz oben – zum Staat, zur Regierung, zu den Verantwortlichen, die das alles nicht nur dulden, sondern regelrecht befeuern. Die FDP setzt stur auf den Markt – ohne Rücksicht auf Verluste. Die Grünen schwadronieren vom Klima – pumpen stattdessen aber lieber Geld in Autobahnen. Die SPD? Hüllt sich in Schweigen. Und die CDU ist doch längst selbst ein Teil der Lobby-Clique. Die Bahn ist ihr Spielzeug. Ein Karrieresprungbrett für Parteifunktionäre, eine willkommene Anlage für Großkonzerne, ein Sargnagel für die öffentliche Daseinsvorsorge. Dabei wurde sie mit unseren Steuergeldern aufgebaut. Sie gehört uns, dem Volk. Sie ist unser aller Besitz – und das muss sie schleunigst wieder werden.
Wir verlangen: Stoppt den Ausverkauf. Schluss mit dem Markt-Denken. Schluss mit dieser verhängnisvollen Politik, die uns alle zermürbt. Wir wollen eine Bahn,
– die für jeden zugänglich ist.
– die man sich leisten kann.
– die Menschen zusammenbringt, statt sie zu spalten.
– die ihre Beschäftigten wertschätzt.
– und die endlich kapiert: Mobilität ist ein Menschenrecht.
Und dieses Recht werden wir entschlossen verteidigen – gemeinsam, organisiert, mit lauter Stimme – auf der Straße, im Betrieb, jeden Tag. Denn:
Eine andere Bahn ist möglich.
Und eine andere Gesellschaft auch.
Wir sind der Widerstand –
und wir sind die Heilung für diesen kranken Körper.
Es lebe die internationale Solidarität!
Es lebe der revolutionäre 1. Mai!