Julian Assange und Agosto Pinochet – der Unterschied zwischen einem Whistleblower und einem Diktator.
1999 kam der ehemalige chilenische Diktator, vom CIA an die Macht geputscht, damit der Sozialist Salvador Suizid beging, 1999 kam der greise Diktator zur medizinischen Behandlung nach England. Die Labour-Regierung veranlasste, dass er mit seiner Frau Hausarrest in einem edlen Landhaus in Surrey verordnet bekam. Baronness Margret Thatcher war, wie die Conservatives, darüber empört. Sie besuchte ihn zum Tee und schenkte ihm einen alten Scotch Single Malt. Für einen alten Freund, wie sie sagte, des britischen Volkes. Für einen Massenmörder. Über zwei Tausend Oppositionelle wurden unter Pinochet ermordet, dem Musiker Victor Jara brachen sie im Stadion von Chile die Hände, weit mehr als 2.000 landeten in Foltergefängnissen. Am Sonntag segnete ihn der Bischof von Santiago in der Kathedrale.
Julian Assange hat an keinem Verbrechen teilgenommen, keine Folterung, keine Geldwäsche betrieben, keine Waffenexporte durchgeführt. Dennoch wird er seit 1 ½ Jahren im Belmarsh Prison in London, ein Gefängnis für Schwerverbrecher, in Isolationshaft gehalten, 23 Stunden am Tag, eine Stunde Freigang. Er muss sich täglich vor dem Wachpersonal entkleiden. Seine Familie darf er zwanzig Minuten in der Woche sehen. Er hat keinen Zugang zum Internet, jeder Brief an ihn und von ihm wird von der Zensur gelesen. Schon im November 2019 schrieben über 60 britische Ärzte einen Brief an den Home Secretary, er könnte im Gefängnis sterben. Inzwischen ist sein Zustand lebensbedrohlich. Nils Melzer, der UN-Sonder-beauftragte für Folter, bezeichnete seine Haft als psychologische Folter.
Assange ist einer der bedeutendsten Journalisten der Welt. 2006 gründete er die Enthüllungsagentur Wikileaks und eines der ersten Dokumente, das wie ein Schock um die Welt ging, war ein Video aus dem Irak, das aussah wie ein jugendgefährdendes Video-Gewaltspiel. Nur war es Realität. Amerikanische Soldaten schossen Zivilisten ab, darunter zwei Journalisten der Agentur Reuters, wie Ratten. Das Video „collateral murder“ war der Anfang – Assange, bald auch mit den Whistleblowern Edward Snowden und Chelsea Manning, veröffentlichte Hunderttausende von Geheimdokumenten über Kriegsverbrechen des CIA und der Militärs, in Syrien, im Irak, in Afghanistan oder auf Guantanamo Bay.
Das macht man nicht ungestraft. „Können wir den Typen nicht mit einer Drohne beseitigen?“, fragte Hillary Clinton, fragte die Elite der amerikanischen Geheimdienste. Das galt auch für die anderen:
1971 veröffentlichte David Ellsberg die „Pentagon Papers“ – die Lügen der amerikanischen Regierung über den Vietnam-Krieg gegenüber dem amerikanischen Volk und der Weltöffentlichkeit.
Die Veröffentlichung der Dokumente durch die New York Times wurde von der Regierung verboten. Der anschließende Rechtsstreit führte zu einem Grundsatzurteil, in dem die Veröffentlichung erlaubt und die Pressefreiheit in den USA gestärkt wurde. Ellsberg wurde dennoch wegen Spionage angeklagt, ihm drohten 115 Jahre Haft. Der Prozess platzte, als ein von der Nixon-Regierung veranlasster Einbruch von Geheimdienst-Mitarbeitern in die Praxis von Ellsbergs Psychiater und seine illegale Überwachung bekannt wurden.
Edward Snowden, ehemaliger CIA Mitarbeiter, wurde durch das, was er in seiner Arbeit fand, zum Whistleblower: er enthüllte 2013, wie Großbritannien und die USA spätestens seit 2007 weltweit das Internet überwachen. Er entkam langjähriger Haft durch die Flucht, die in Russland endete, weil ihm USA den Pass entzogen. Dort hat er bis heute mit seiner Frau Asyl.
Chelsea Manning, ehemalige Geheimdienstmitarbeiterin, wurde in Beugehaft genommen, um gegen Assange auszusagen. Sie weigerte sich. Nach einem Suizidversuch wurde ihre Haft von 35 Jahren durch Obama erlassen.
Zurück zu Julian Assange:
Keines der von ihm auf Wikileaks veröffentlichten Dokumente gefährdete jemals die amerikanische Sicherheit. Im Prozess aber sitzt er hinter einer Glaswand, darf nicht mit seinem Anwalt reden. Es sind nur eine Handvoll Prozessbeobachter zugelassen. Die besten Zeugen und Gutachter für Assange waren aufgetreten. Doch noch immer urteilt das Gericht über die angeforderte Auslieferung an die USA. Diese würde lebenslange Haft bedeuten.
An Julian Assange soll ein Exempel statuiert werden – Whistleblower, Journalisten generell mit lebenslangen Haftstrafen, möglicherweise wie im Fall Assange, mit dem Tode zu bedrohen, wenn sie nicht nur Kriegsverbrechen, sondern auch andere kriminelle Aktionen von Regierungen und Konzernen veröffentlichen – Beispiele:
die Panama Papers, die Paradise Papers, die jüngsten FINCEM Papers, in denen es um Zig Milliarden krimineller Gelder aus Diktaturen, von Konzernen, aus Waffenexporten, Umwelt-skandalen, Drogen und Korruption geht. Um Geldwäsche, um Milliarden an Steuerhinterziehung.
Dies heißt: Es geht im Prozess gegen Julian Assange um die weltweite Pressefreiheit vor allem für investigativen Journalismus und um die existenzgefährdende Strafverfolgung von Journalisten und Verlagen.
Die Gesetze für die deutschen Geheimdienste wurden bereits entsprechend „angepasst“. Deshalb erhielt Assange inzwischen den Stuttgarter Friedenspreis, und den Kölner Karlspreis. Bald 600.000 haben inzwischen alleine die Petition FREE ASSANGE EU unterschrieben, eine von Hunderten weltweit. Unterschreiben Sie bitte die ausliegenden Petitionen. In den Trakt, in dem sich Assange im Belmarsh Prison in London befindet, werden inzwischen Corona-infizierte Gefangene verlegt. Eine Infektion würde Assange nicht überleben. Der Prozess, die Unterbringung von Assange in London ist eine Schande für das UK, das Vereinigte Königreich. Ein Skandal auch, dass bislang die australische Regierung – Assange ist Australier – sich nicht für die Freilassung engagiert, dass kein demokratischer europäischer Staatschef, kein Parlament sich für seine Freilassung und gegen die Auslieferung in die USA ausgesprochen hat. Ein Untertanenverhältnis zu den USA, anders kann man dies nicht bezeichnen.